Vom 15.-17. September 1822 fand in
Stuttgart eine Versammlung von Vertretern deutscher und schweizerischer
Griechenvereine statt, um gemeinsam über die den Griechen zu leistende Hilfe zu
beraten. Dort erschienen Abgesandte der griechischen Regierung: die Griechen Kephalas1
(der sich Baron Kephalas d'Olymp nennen ließ), Michael Schinas (später
Kultusminister), Drosinis und der in dem Abschnitt: »Die Legion der
Philhellencn« genannte deutsche Hauptmann von Dittmar und erbaten
tatkräftige Hilfe für die Kämpfenden. Da in Stuttgart eine Einigung darüber
nicht zu erzielen war, übertrug man dem Züricher Verein die endgültige
Entscheidung. In Zürich wurde die Aufstellung einer kampffähigen Truppe
beschlossen, die dann unter dem Namen »Deutsche Legion« bekannt geworden ist
und die am besten ausgerüstete Truppe für die Griechen war; daher versprach
man sich von ihr ganz besondere Leistungen. In der Stärke von 115 Mann fuhr
sie mit der Brigg Scipio am 22. November 1822 von
Marseille ab und landete am 6. Dezember in Hydra, von wo aus sie auf Barken zum
Festlande bei Hermione (Kastri) hinübergeschafft wurde. Gleich bei der Ankunft
stellte es sich heraus, daß ihre Erwartungen in keiner Weise erfüllt werden
und ihre Führer ihre Versprechungen schon deshalb nicht halten konnten, weil
die griechische Regierung selbst nicht die Mittel hatte, für sie zu sorgen, ja,
nicht einmal wußte, wie sie die neuen Ankömmlinge verwenden könnte. Vor allem
fehlte es ihr an Geld. Infolgedessen begann sofort die Unzufriedenheit der
Teilnehmer, die sich gegen ihre bisherigen Führer wendeten. Man wählte an ihrer
Stelle zum Kommandanten den Flauptmann Lessing, als Leutnants die
Hauptleute v. Rüppel und Deutsch; der bisherige Adjutant Dujourd'hui
wurde als solcher bestätigt. Die anderen früheren Offiziere: Hauptmann Schräder,
die Leutnants von Fürstenrecht und Gräfner, der Fourier Ortloff
und der Sergeant Gand, die bei der Wahl nicht zugegen waren, wollten
nur dann wieder in die Truppe eintreten, wenn man ihnen ihre alten Posten
bestätigte, und weil das angeblich nicht anging, so traten sie aus dem Verbände
aus. Auf Grund dieser Vorgänge betrachtete
die griechische Regierung die Legion als aufgelöst, erklärte aber, diejenigen
aus ihr, die von neuem in die Dienste der Regierung treten wollten, müßten sich
beim Kriegsministerium melden und würden dann denselben Grad erhalten, den sie
bei der Aufstellung der Legion bekleidet hatten. Daraufhin schlössen sich die
meisten wieder an Kephalas an (der ja von den Griechen vereinen als
Oberbefehlshaber angesehen wurde) und marschierten mit ihm nach Nauplia. Die
Zurückgebliebenen wurden von den Ortsbewohnern wie Feinde überfallen und
mehrere Kranke sowie auch Rüppel, Michels, Falkenstein, Kurrer und
andere verwundet. Die Folge dieser Ereignisse war, daß wieder einige die Legion
verließen, um über Milos, wo sie die fremden Konsuln um Hilfe bitten wollten,
nach Hause zurückzukehren. Wirklich nahm sie der französische Konsul freundlich
auf, aber kein Kapitän wollte sie in einen größeren Hafen bringen, wo sie
Gelegenheit zur Weiterfahrt nach Marseille oder Triest gefunden hätten. Wie
schlimm die Lage in Milos war, erhellte aus der Nachricht, daß dort vor kurzem
erst ein Schweizer: Dr. med. Amsler Hungers gestorben sei. Endlich nahm
jedoch fünf von ihnen eine Brigg unter russischer Flagge nach Marseille mit, wo
sie nach einer Fahrt von 51 Tagen
anlangten. Mittlerweile hatten noch weitere 17 Mitglieder
der Legion Kephalas verlassen, einer war irrsinnig geworden, Dr. Knöffel und
Engelen überfallen und ausgeraubt worden. So zersetzte sich die Legion
allmählich, und es gab nur noch einzelne Trupps. Nach der Einnahme von
Akrokorinth durch die Griechen stand ein Rest der Legion dort unter dem Kapitän
Dujourd'hui als Kommandanten. Als dieser am 8. Dezember
nach Nauplia ging, folgte ihm die Mehrzahl derselben dorthin nach, aber über
ihr Leben und Treiben in Nauplia hören wir nichts bis gegen Ende 1823, als dort
bekannt wurde, es sei der Deutsche Kolbe aus Deutschland mit
Unterstützungen für die deutschen Philhellenen in Missolunghi eingetroffen mit
der Nachricht, daß Lord Byron dort ein Artillerie-Regiment aufzustellen
beabsichtige und alle Deutschen in Griechenland einlade, in dieses einzutreten.
Von dieser Angelegenheit erfahren wir aus der Geschichte des griechischen
Aufstandes des englischen Obersten Gordon, der längere Zeit in
griechischen Diensten stand, diese Einzelheiten: da das Griechenkomitee in
London beschlossen hatte, seine Beiträge für die Schaffung eines
Artillerie-Regiments in Hellas zu verwenden, so widmete sich sein Beauftragter,
der Oberst Stanhope, selbst dieser Aufgabe; zwei oder drei deutsche
Offiziere gingen ihm dabei zur Hand, und er hatte mit dem Komitee des
Festlandes - er selbst war in Missolunghi -Dittmar). eine
Übereinkunft getroffen, der zufolge er die Trümmer der Deutschen Legion unter
seine Obhut nahm. Er schickte daher einen Vertrauten nach Morea, welcher die
dortigen Deutschen aufsuchen sollte; er schoß dazu 400 Pfund vor,
um damit die Kosten für die Bildung dieses Korps zu decken. (Anscheinend ging
also der Plan zur Errichtung eines Artillerie-Regiments nicht von Byron selbst
aus - wie Dr. Treiber annahm -, sondern von dem Londoner Griechenkomitee,
dessen Auftrag Stanhope wohl mit Byrons Einverständnis ausführte).
Maurokordatos versprach, das Korps ein Jahr lang zu unterhalten und überwies
ihm in Missolunghi ein großes, mit Mauern umgebenes Gebäude, das man als
Arsenal und Laboratorium verwendete. Am 15. Januar 1824 langten
die Trümmer von Kephalas' deutschem Philhellenentrupp in Morea an; die Männer
waren aber durch Krankheit und Entbehrungen so geschwächt, daß von den 26 nur einige
gebraucht werden konnten. Unter ihnen waren auch die in Nauplia gebliebenen Deutschen,
die alle nach Missolunghi abreisten, aber ohne Dujourd'hui und Scholesius.
Unter diesen Umständen beschloß man in Missolunghi, das Korps durch Aufnahme
junger Griechen bis auf 50 Mann zu vervollständigen. Die
Gelder wurden für die Beschaffung von leichter Artillerie, Munition und zur
Anwerbung militärischer Werkleute verwendet. Da aber nach Byrons Tode (19. April 1824) Mittel
fehlten, um den Dienst fortzusetzen, zerstreuten sich die fremden Freiwilligen
und die vom Komitee Angeworbenen in wenigen Tagen.
Ein ganz anderes Schicksal hatte eine Anzahl
Mitglieder der Deutschen Legion, die - man weiß nicht, wann oder wie - auf
einem Schiff nach Smyrna verschlagen wurden. Da Elster - der davon erzählt -
schon im Juni 1823 von Smyrna wegging, muß es im Frühjahr dieses Jahres gewesen sein. Das
Schiff, auf dem die Philhellenen dorthin kamen, landete zur Nachtzeit an der
Türkenstadt. Es wurde Lärm, und als die Türken erfuhren, daß die Gelandeten
Philhellenen wären, fielen sie über diese her und stachen einige nieder. Die
anderen retteten sich in die Frankenstadt und in den Hof eines
Konsulatsgebäudes. Sie wandten sich an die Konsuln Österreichs und Preußens,
allein diese hatten von ihren Regierungen strenge Befehle, sich jeder
Einmischung in die Streitigkeiten zwischen Griechen und Türken zu enthalten,
konnten daher die Unglücklichen nicht unterstützen. Selbst der französische
Konsul David, ein sehr menschenfreundlicher Herr, vermochte es nicht,
denn auch er hatte solche scharfe Anweisung aus Paris erhalten. Die Flüchtlinge
hat-icn sich, da ihnen auf dem Lande Gefahr drohte, auf einer Barke gelagert, ratlos und verlssen. In dem Bestreben,ihner zu helfen, schrieb Elster an
die Minister von Ottenfels und von Miltitz nach Konstantinopel, um von ihnen
mildere Maßregeln für die Armen zu erreichen. Indessen ließ ihn der österreichische
Konsul wieder rufen, versprach ihm eine kleine Summe als Beitrag, um die
Unglücklichen nach einem europäischen Hafen bringen zu lassen und wollte auch
die Pässe mit einem Sichtvermerk versehen. Den fehlenden Beitrag für Fahrt und
Beköstigung bis Triest hat dann Elster zum größten Teil selbst gegeben und so
den Trümmern der Deutschen Legion die Heimkehr in ihr Vaterland mit einem nach
Triest gehenden Schiffe ermöglicht.
So endete die größte und vortrefflich ausgerüstete
Philhellenentruppe.